zaterdag 3 juni 2023

Netzwerkdurchsetzungsgesetz

Übersetzt aus dem Niederländischem blog 07-01-2018

Mein liebstes deutsches Wort ist Wendehammer. Dabei handelt es sich um einen etwas breiteren Teil am Ende einer Sackgasse in Form eines Hammers, an dem Autos wenden können (NL: 'keerlus'). Als ich in der Bonner Sackgasse Büchelgarten wohnte, parkte ich mein altes Citroën-Wohnmobil immer in einer Ecke des Wendehammers. Wendehammer erinnert mich auch an die Scharen von Menschen, die während der Wende mit großen Hämmern die Berliner Mauer einrissen und Steinstücke als Beweis für die wiedergewonnene Freiheit mitnahmen.

In der Schule habe ich gelernt, dass die Deutschen – in geringerem Maße wie die Niederländer, aber im Gegensatz zu den Engländern – endlos Wörter zusammenfügen, um neue, zusammengesetzte Wörter zu bilden. Als Beispiel schrieb der Lehrer das nicht existierende Wort für „Frau des Weichenwärters“ an die Tafel: Eisenbahnknotenpunkthinundherschieberin. Neununddreißig Buchstaben horizontal.

Heute habe ich in der „Tageschau“ ein für mich neues Wort mit siebenundzwanzig Buchstaben gelesen. Es wird mein Lieblingswort Wendehammer oder die Frau des Weichenwärters nicht entthronen, aber es ist ein harter Herausforderer.

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz ist am 1. Januar 2018 in Kraft getreten, doch bereits eine Woche später wird seine Abschaffung gefordert. Das Gesetz schreibt vor, dass Online-Medien eindeutig strafbare Inhalte innerhalb von 24 Stunden entfernen müssen. Allerdings droht das Gesetz in staatliche Zensur und Selbstzensur auszuarten. Ein Minister hat betont, dass sich das Gesetz nur auf „eindeutig strafbare Inhalte“ beziehe. Aber kann eine Redaktion – oft in einem anderen Land – beurteilen, was strafbar ist? Und macht es sich selbst strafbar, indem es nicht handelt?

Die Kritik an den sozialen Medien und an der Bundesregierung ist durchaus widersprüchlich, oder anders gesagt: sie müssen widersprüchlichen Erwartungen gerecht werden. Facebook und Twitter wird oft vorgeworfen, schlechte Inhalte nicht schnell genug zu entfernen, aber manchmal geht die reibungslose Entfernung auch zu schnell vonstatten, sei es aus politischer Voreingenommenheit, missverstandener Satire oder einfach nur lächerlich. Im Handumdrehen müssen ein live übertragene Suïzid, eine Hassrede und die erotische, sexistische oder aber krebskranke Frauenbrust auf Absicht, Wirkung und die Gesetze des Landes beurteilt werden.

Das Löschen ist immer eine Form der Zensur. Aber es in Ruhe zu lassen, führt auch zu Aufregung. Der Ruf nach Zensur kommt oft von denselben Leuten, die Zensur verurteilen. Einerseits wird das Recht auf Diskriminierung und das Recht auf Beleidigung in Anspruch genommen, andererseits wird teilweise eine Entlassung oder Bestrafung gefordert, wenn sich jemand nicht schnell genug von Tweets eines in Ungnade gefallenen Tweeters distanziert hat. Guilty by association. Schuldig durch Assoziation.

Gleichzeitig glaube ich nicht, dass wir ohne irgendeine Form von Zensur, also Schutz und Regulierung, zusammenleben können. Doch die Frage ist, ob es klug ist, wenn die Bundesregierung die sozialen Medien unter Androhung hoher Bußgelder zur Zensur zwingt. Das Gesetz der 27 Buchstaben ändert wenig an der bereits bestehenden Strafbarkeit bestimmter Äußerungen, ernennt aber ausländische soziale Medien zum Richter. Nein, Richter ist nicht das richtige Wort. Sie werden zu Hunden, die aus Angst beißen. Sie zu schwächen gibt ihnen noch mehr Macht.



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